„Employer Branding und Retention gehören zusammen.“, finden Vera Koltermann und Beate Schulte. Gerade heutzutage dient Employer Branding nicht nur dem Finden, sondern auch dem Binden der richtigen Menschen.
Internes Employer Branding wird zunehmend wichtig
Employer Branding zielt darauf ab, ein Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren. Die einzigartigen und prägenden Kulturmerkmale werden bewusst herausgestellt und nach innen wie außen erlebbar gemacht. Intern stiften sie Identität und schaffen Verbundenheit. Extern sorgen sie für Differenzierung und Anziehungskraft. Kulturelle Passung von Mensch und Organisation ist der Schlüssel für die langfristige Gewinnung und Bindung passender Talente – in allen Phasen der Employee Journey.

Bereits Schneider (1987) stellte in seiner A-S-A-Theorie heraus, dass Menschen und Organisationen zueinanderfinden, wenn bestimmte Passungskriterien erfüllt sind.
- Attraction (A): Menschen fühlen sich von einer Organisation angezogen, die zu ihren Werten und Vorstellungen passt.
- Selection (S): Beide Seiten entscheiden sich bewusst füreinander.
- Attrition (A): Stimmt die Passung nicht oder geht sie verloren, führt dies zur Trennung.
Es wird deutlich: Es gibt ein Zusammenspiel von innen und außen, in dem Employer Branding wirksam wird.

Menschen und Unternehmen wählen sich im Prozess der Rekrutierung und Mitarbeiterbindung also gegenseitig aus. Diese Wahl prägt die künftige Beziehung entscheidend. Steigende Kosten und hoher Aufwand bei der Besetzung vakanter Stellen bringen Unternehmen dazu, verstärkt auf Employer-Branding-Maßnahmen zu setzen. Diese helfen, bestehende Mitarbeitende zu binden. Letzteres ist meist günstiger, als neue Mitarbeitende zu rekrutieren.
Handlungsfelder im Employer Branding
Internes Employer Branding lässt sich dabei auf folgende Handlungsfelder herunterbrechen:
1) Werte & Kultur
2) Führung
3) Gestaltung der Arbeitswelt
4) Kommunikation
5) Strukturen & Prozesse
6) Beitrag zur Unternehmensstrategie
Besonders nach innen zeigt sich, dass Arbeitgebermarke und Unternehmensmarke kaum zu trennen sind. Beide greifen ineinander. Die Werte, die ein Unternehmen repräsentiert, müssen im Arbeitsalltag vorgelebt werden. Sonst entsteht keine echte Mitarbeiterbindung.
Mitarbeiterbindung ist mehr als nur Selbstzweck
Die Bindung von Mitarbeitenden beschreibt die Beziehung zwischen Menschen und Organisation. Arbeitgeber verfolgen mit Investitionen in Mitarbeiterbindung das Ziel, Wechselbarrieren aufzubauen. Solche Maßnahmen orientieren sich an den Bedürfnissen der Mitarbeitenden, etwa Mitbestimmung, Partizipation oder Work-Life-Balance. Denn zufriedene Mitarbeitende empfinden eher emotionale Verbundenheit zu ihrem Arbeitgeber.
Bindung bleibt jedoch nie statisch. Verändern sich interne Strukturen oder kulturelle Normen, wandeln sich oft auch die Erwartungen der Mitarbeitenden. Fusionen oder Übernahmen führen häufig zu Unsicherheit, Widerstand oder Trennung. Umso wichtiger bleibt in jeder Phase des Beschäftigungsprozesses eine klare, konsistente Positionierung als Arbeitgeber.
Für viele Arbeitgeber wird das zunehmend zur Herausforderung, Mitarbeitende an das Unternehmen zu binden. Studien und Beobachtungen zeigen, dass das Gefühl zur Verbundenheit bei Mitarbeitenden Jahr für Jahr abnimmt. Ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, das sich in den Arbeitsmarkt überträgt.

Warum lohnt sich Investition in Mitarbeiterbindung?
Emotional gebundene Mitarbeitende sind nachweislich zufriedener. Sie zeigen zudem mehr Engagement und arbeiten produktiver. Bereits vor knapp 20 Jahren wies eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf einen engen Zusammenhang hin: Unternehmenskultur, Mitarbeiterengagement und Unternehmenserfolg beeinflussen sich wechselseitig. Gleichzeitig sind emotional gut gebundene Mitarbeitende auch eher offen für Veränderungen. In einer Zeit, die von permanentem Wandel geprägt ist, ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Hinzu kommt der enorme Aufwand, den die Nachbesetzung vakanter Stellen verursacht. Um den Jahreswechsel 2024 zu 2025 blieben laut Bundesagentur für Arbeit Positionen aller Wirtschaftszweige in Deutschland im Durchschnitt 162 Tage unbesetzt. Die Kosten pro Stelle lagen je nach Branche zwischen 29.000 € und 73.000 €. Es liegt auf der Hand, dass die Kosten für Berufsanfänger dabei weniger teuer sind als für Executive Positionen.Zwar könnten wirtschaftliche Unsicherheiten 2025 die Bedeutung von Arbeitsplatzsicherheit wieder steigen lassen. Doch Zufriedenheit allein reduziert die Wechselwilligkeit nicht. Mitarbeiterbindung ist eine langfristige Investition, die sich auszahlt. Sie dient dem Ziel, Kosten zu senken, Commitment und Engagement zu erhöhen und so den Unternehmenserfolg nachhaltig zu sichern.
Employer Branding als zentraler Hebel für Mitarbeiterbindung?
Unternehmen können sich materieller und immaterieller Anreizsysteme bedienen. Gehalt sorgt dafür, dass keine Unzufriedenheit entsteht. Doch immaterielle Anreize wie Arbeitszeitgestaltung, Sinnhaftigkeit der Tätigkeit oder Kulturarbeit wirken als Motivatoren. Besonders die Beziehungen zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften verdienen Aufmerksamkeit. Genau hier setzt internes Employer Branding an. Die Handlungsfelder sind:
1) Werte & Kultur:
Werte beeinflussen Entscheidungen und Verhalten. Sie sind die DNA der Unternehmenskultur. Die gezielte Rekrutierung und Bindung von Menschen, die diese Werte teilen, stärken die Kultur. Werte sind dauerhafte Überzeugungen, die Entscheidungen und Verhalten von Individuen oder Gruppen beeinflussen. Sie ermöglichen dadurch die Anpassung an sich verändernde Umwelten. Oft sind sie nicht direkt sichtbar, sondern existieren unbewusst. Sie zeigen sich jedoch in Commitment und Zufriedenheit – aber auch in Ängsten oder Stress. Damit sind Werte im organisationalen Kontext so etwas wie die DNA der Unternehmenskultur. Da Werte wenig beeinflussbar sind, lassen sie sich selbst nur indirekt beeinflussen. Etwa durch gezielte Rekrutierung und Bindung von Menschen, die sich mit bestimmten Werten identifizieren.
2) Führung:
Mitarbeitende erleben Werte und Kultur am direktesten durch die eigene Führungskraft. Damit sind Führungskräfte die kleinste Steuerungseinheit von Unternehmenskultur und Vorbilder (im Sinne von „Vorleber“) des Arbeitgeberversprechens. Voraussetzung dafür ist die entsprechende Befähigung der Führungskräfte. Hierbei gilt zunächst, dass Werte, Überzeugungen und die Arbeitgeberpositionierung bekannt und internalisiert sind. Danach stellt sich die Frage, welches Führungsverhalten in den unterschiedlichen Kontaktpunkten mit Mitarbeitenden in diesem Kontext ideal ist. Schlussendlich muss das ideale Führungsverhalten trainiert werden.
3) Gestaltung der Arbeitswelt:
Das Umfeld hat eine Wirkung darauf, wie wir Arbeit erleben: Motivation, Emotion, Engagement etc. Es ist der Ort, an dem die Unternehmenskultur, die Werte und das Arbeitgeberversprechen erlebbar werden. Etwa durch die Gestaltung des Arbeitsplatzes (Stichwort: Office Design), oder in der Gestaltung der Arbeitszeit (Stichwort: Remote Work). Wie die Ausgestaltung konkret aussieht, hängt jedoch vom individuellen Arbeitgeberversprechen und der Haltung der Organisation ab.
4) Kommunikation:
Um Menschen zur Beteiligung zu begeistern, kann eine starke Arbeitgebermarke Begegnungsräume schaffen. Über Dialogformate wie teamübergreifende Workshops, Befragungen, Projektarbeiten oder auch neue Wege der Kommunikation im Intranet. Interne Kommunikation im Employer Branding bedeutet längst nicht mehr nur Senden, sondern auch Empfangen. Auf diese Weise kann die Organisation lernen, wie das Arbeitgeberversprechen sich in der Organisation (weiter)entwickelt. Interne Kommunikation dient dabei auch als Radar, um die Entwicklung der Markenwahrnehmung in der Organisation im Blick zu behalten. Besonders der bewusste Einsatz von Sprache, Wortwahl und Stil ist im internen Employer Branding entscheidend.
5) Strukturen & Prozesse:
Die Arbeitgeberpositionierung wird nicht nur in der direkten Interaktion sichtbar, sondern auch durch strukturelle und prozessuale Rahmenbedingungen geprägt. Diese spielen eine zentrale Rolle im internen Employer Branding. Besonders wichtig sind dabei Agilität, Flexibilität und der Umgang mit Hierarchien. Das gilt vor allem für den sogenannten „Future Fit“. Er beschreibt die kulturellen Faktoren, die in Zukunft stärker gefragt sind als bislang. Diese Faktoren bestimmen maßgeblich, wie anpassungsfähig und zukunftsfähig eine Organisation ist.
6) Beitrag zur Unternehmensstrategie:
Die Schnittmenge aus Arbeitgebermarke, Produkt- oder Dienstleistungsmarke und Unternehmensmarke bildet die Grundlage für die Vision und die Unternehmenswerte. Um das Zukunftsbild zu erreichen, entwickelt die Organisation eine Unternehmensstrategie. Diese setzt unterschiedliche Schwerpunkte und besteht aus abgeleiteten, bereichsübergreifenden Maßnahmen. Für das interne Employer Branding spielt der Systemkontext eine wesentliche Rolle.
Fazit zu Employer Branding und Bindung von Mitarbeitenden
Gezielte Maßnahmen im internen Employer Branding stärken die emotionale Bindung der Mitarbeitenden. Wer sich eng an seinen Arbeitgeber gebunden fühlt, identifiziert sich stärker mit dem Unternehmen. Diese Mitarbeitenden stehen Veränderungen offener gegenüber und sind weniger empfänglich für Wechselangebote. Wegen der hohen Fluktuationskosten sollten Unternehmen dem Employer Branding besondere Bedeutung beimessen.
Ein weiterer Vorteil: Emotional gebundene Mitarbeitende treten häufiger als Botschafter:innen auf und tragen so zur Gewinnung neuer Talente bei.