„Die EVP ist das generalisierte Herzstück der Employer Brand. Und braucht für unterschiedliche Zielgruppen doch eine Ausdifferenzierung, um relevant zu sein.“
Was bedeutet das für die Ansprache der Gen Z im Employer Branding? Darüber schreiben heute Vera Koltermann & Selina Schroeter.
Grundprinzipien im Employer Branding
Die EVP repräsentiert das allgemeine Vorstellungsbild der Arbeitgebermarke in der Mehrheit der Köpfe von Beschäftigten (Faustformel: etwa 70 %). Hinter ihr sollen sich möglichst viele Mitarbeitende versammeln und das allgemeine Gefühl teilen: „ja, genau so sind wir“. So universell, so breit ist die Botschaft, dass sie möglichst alle Menschen der Organisation verbindet. Und zwar unabhängig von Funktion, Geschlecht, Alter oder Karrierestufe. Bis dahin liegt die Perspektive also auf dem Gemeinsamen.
Schwierig wird es häufig in der Umsetzung. Spätestens, wenn es darum geht, die kulturellen Sub-Merkmale möglichst treffsicher und widerspruchsfrei zur EVP an die unterschiedlichen Zielgruppen auszuspielen. Spätestens hier funktioniert „one size fits all“ nicht mehr. Viele Unternehmen scheitern an dieser Stelle. Das gilt insbesondere bei der Ansprache der – oft missverstandenen – Gen Z. Grund genug, hier mal genauer hinzuschauen.
Die Gen Z im Fokus von Employer Branding
Kaum eine Zielgruppe steht seit Jahren so sehr im Fokus von Personalgewinnungsmaßnahmen wie die Gen Z.
Das ist einer der Gründe, warum es inzwischen zahlreiche Gen Z Consultants gibt. So wie eben Selina Schroeter. Selina bezeichnet sich als Übersetzerin zwischen der Jungen und den erfahreneren Generationen. Sie ist der Meinung, dass Generationsstereotypen entstehen, wenn übereinander statt miteinander gesprochen wird. Daher setzt sie sich aktiv für einen offenen, generationsübergreifenden Dialog ein. Dahinter liegt das Gefühl eines „Lost-in-Translation“ Prozesses: die Kommunikation von Arbeitgebern Richtung Gen Z, ist häufig von Annahmen geprägt. Vor allem darüber, was die Gen Z gern hören wollen würde. Nicht aber davon, was sie tatsächlich hören will. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass die meisten Absender dieser Generation nicht angehören und nur Vermutungen anstellen. Die sind allerdings häufig durch ihre individuelle Vorstellung geprägt sind. Viele der Adressaten fühlen sich dann unverstanden. Mehr noch genötigt, die Perspektive selbst wieder zurechtzurücken. Sie räumen mit Vorurteilen auf und betonen die Potenziale der Gen Z. Von letzteren gibt es einige. So ist die Gen Z – Menschen, geboren zwischen 1995 und 2010 geboren wurden – ist die erste Generation „real digital native“, die die Vorteile und Chancen der digitalen Medien verstanden und für sich genutzt haben. Das lässt sich auch im und fürs Employer Branding nutzen. Einige Beispiele seien hier besonders herausgestellt.
Gen Z als Mentoren für die digitale Transformation
Die Gen Z, also die heute 14-29-jährigen, wird natürlich mit dem Smartphone groß. Für sie gilt „Post or it didn’t happen“. Denn die Gen Z lebt digital und das 24/7. Deshalb gilt im Employer Branding bei den Gen Z nicht nur mobile first, sondern mobile only. Da sie die neuen Technologien mit Leichtigkeit beherrschen, erwarten sie umgekehrt auch die entsprechende technologische Ausstattung bei ihrem Arbeitgeber.
Neben kulturellen Merkmalen und Haltungsfragen, etwa gegenüber
- Gender-Gerechtigkeit,
- Klimawandel oder
- Nachhaltigkeit,
stehen hier praktische Erwartungen an den künftigen Arbeitgeber im Vordergrund. Umgekehrt fördern sie als Mitarbeitende aufgrund ihrer positiven Einstellung gegenüber neuen Technologien die unternehmensinterne, digitale Transformation auf natürliche Weise.
Gerade der Einsatz von KI wird die Arbeitswelt in noch ungeahntem Ausmaß revolutionieren. Umso wichtiger, Menschen an Bord zu haben, die sich damit auskennen und dem offen gegenüberstehen – nicht nur im IT-Bereich.
Gen Z als Katalysator für organisatorischen Wandel
Durch ihre Aufgeschlossenheit gepaart mit ihrer Expertise für die digitale Kommunikation bieten sich Möglichkeiten einer generationsübergreifenden Zusammenarbeit. Während ältere Mitarbeitende sich vielleicht eher sicher in nicht-technischen Skills und unsicher in technischen sind, ist es bei der Gen Z genau umgekehrt. Zudem wünscht sich die Gen Z persönlichen Austausch, Teamwork und voneinander lernen.
Im Sinne eines Reverse-Mentorings bieten sich hier für die Bindung von Menschen ans Unternehmen ganz neue Möglichkeiten, die heutzutage bisher kaum im Fokus stehen: funktions- und generationsübergreifende Zusammenarbeit, die die lästigen Silos endlich aufbricht und gemeinsame Ziele verfolgt. Für echtes WIR-Gefühl, das nicht einfach von oben aufgesetzt wird, aber von oben mitgetragen und forciert werden muss. Die Gen Z stellt durch ihre Perspektive auf den Status Quo gewachsene Prozesse und Strukturen infrage. Das mag zunächst fordern, aber es hilft, aus der Betriebsblindheit herauszukommen und so organisatorischen Wandel überhaupt erst möglich zu machen.
Gen Z als Role Models in den sozialen Medien
Die Gen Z setzt vor allem auf Selbstverwirklichung („Attracting Talent 2024“ Studie von The Stepstone Group und Kienbaum). Sie möchte Teil einer Mission, einer Bewegung oder Idee sein, von der sie ist.
Dieser Aspekt geht in zwei Richtungen. Einerseits sieht die Gen Z genau hin, was Haltung und Handlung der Arbeitgeber betrifft. Sie durchschaut schnell, was echt und was fake ist. Andererseits sind sie die perfekten Markenbotschafter. Insbesondere, wenn es darum geht, die Kulturmerkmale ihres Arbeitgebers glaubwürdig und reichweitenstark nach außen zu tragen. Voraussetzung: Sie identifizieren sich mit den Werten und der Vision des Unternehmens und bekommen die Freiheit zur Selbstverwirklichung. Nicht umsonst sehen wir vielerorts den Aufbau von Corporate-Influencer-Programmen: Dieses kostenlose Marketing-Instrument ist bei der Gen Z Teil ihrer DNA. Man muss sie nicht überzeugen, gut über ihren Arbeitgeber zu sprechen, sofern sie selbst von ihm überzeugt sind.
Was heißt das nun?
Die “Gen Z“ als Begriff wird häufig kontrovers diskutiert. Diese Generation wurde geprägt durch bestimmte gesamtgesellschaftliche Rahmenbedingungen. Das zeigt sich heute in mehrheitlich wiederkehrenden Verhaltenstendenzen. Man kann natürlich nicht alle Angehörigen einer Generation über einen Kamm scheren. Die Kommunikation muss daher sehr individuell und zielgruppengerecht auf die konkreten Personas des jeweiligen Unternehmens abgestimmt sein.
Dennoch lässt sich erkennen, dass die Mehrheit der Gen Z sich engagieren will. Dafür benötigt sie jedoch das passende Umfeld. Inklusive mit den neuesten Technologien, eines klaren Wertesystems, der Einbindung ins Team und dem Raum, um sich persönlich weiterzuentwickeln. Unter diesen Umständen bringen sie einen Mehrwert für die Arbeitgebermarke mit: nach innen und nach außen. So lange HR allerdings in Rastern und Kästchen denkt, bleiben Potenzial sowie Perspektiven der Gen Z unerschlossen. Voraussetzung, um dieses Potenzial zu heben, ist eine offene Unternehmenskultur, die eine Mitgestaltung sowie neue Ideen zulässt.